EEG Reform 2016 beschlossen: Bundestag sagt Ja!

Die Zustimmung des Bundesrats gilt als sicher - Übersicht über die Eckpunkte

Bundestag sagte heute Ja zur EEG-Reform 2016Fotoquelle: Bundestag sagte heute Ja zur EEG-Reform 2016
 
 

08.07.2016 – Berlin: Die Große Koalition aus CDU und SPD hat sich entschieden – Die EEG-Novelle 2016 kommt und mit ihr die Umstellung von der Einspeisevergütung auf das Ausschreibungsmodell ab 2017. Das Aus der 20-Jährigen Förderung von Windkraft, Photvoltaik und Biomasse. Kritiker sagen, dass wir damit das Ende der Energiewende eingeläutet haben, während SPD und CDU sich auf die Brust klopfen und der Meinung sind, der Einhaltung der Klimaziele einen großen Schritt näher gekommen zu sein und gleichzeitig einen großen Beitrag für die Bürgerenergie geleistet zu haben. Wer sich auf jeden Fall freut? Die alten Big Player der Energiebranche, die den kostentechnischen und organisatorischen Aufwand von Ausschreibungen nicht scheuen.

Seit heute ist es beschlossene Sache – die Einspeisevergütung wird vom Ausschreibungsmodell abgelöst, welches wir im folgenden Artikel schon ausführlich beschrieben haben: EEG-Reform 2016. Viele Stellen fürchten einen massiven Rückgang der Ausbaumengen von Solarstrom, Windenergie und Biomasse.

Der Wettbewerb wird also stark verschärft und die Erneuerbaren müssen fit für die Marktteilnahme gemacht werden. Fortan erhält nämlich nur noch derjenige die Fördermittel, der sie am niedrigsten ansetzt. Sprich: Wer sie am wenigsten benötigt, erhält die Förderung.

Wir wollen, dass die in den Wettbewerb kommen und die Preiswertesten gewinnen”, Sigmar Gabriel (SPD), Bundeswirtschaftsminister

So friedlich und einheitlich, wie die gestrige, wahrhaft revolutionäre Abstimmung zum Sexualstrafrecht, verlief die Sitzung dieses Mal keineswegs. Die Opposition sieht ihre Rechte mit Füßen getreten, denn sie hatten im Vorfeld versucht, die Abstimmung über die Novelle von der Tagesordnung zu nehmen. Vergebens. Dabei wäre es eigentlich angemessen gewesen.

Grüne und Linke bemängelten nämlich zurecht, dass sie keine echte Möglichkeit hatten, die vielen hundert Seiten des Gesetzesentwurf überhaupt zu prüfen. Die Große Koalition hatte sich nämlich selbst erst in der Nacht von Montag auf Dienstag auf die letzten Anpassungen und Nachbesserungen der EEG-Novelle verständigt.

Ausbaubegrenzungen & Netzausbau

Das neue, viel kritisierte, Ausschreibungsmodell ist nicht die einzige Neuerung, die mit der EEG-Reform in Kraft tritt. Es geht, zumindest offiziell, auch um die effizientere Verknüpfung vom Ausbau der Stromerzeugung und des Netzausbaus. Viele notwendige Transport-Kapazitäten in Form von Stromleitungen, fehlen nämlich heute, um die größtenteils im Norden produzierte Windenergie, zur Industrie in den Süden zu transportieren. Doch genau hier liegt auch der Hase im Pfeffer begraben.

Denn laut EEG-Reform soll der Anteil von Ökostrom an der Gesamtproduktion von Energie, bis zum Jahr 2025, von heute 33 auf 45 Prozent steigen. Das Verwirrende: Er darf nicht noch mehr steigen. Dabei kritisieren Umweltschützer mehr als deutlich, dass diese 45 Prozent bei Weitem nicht reichen. 60 Prozent Anteil der Erneuerbaren müssen mindestens her.

Auf mindestens 60 Prozent müsse der Anteil grünen Stroms bis 2025 steigen, um die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, teilte der Bundesverband Erneuerbare Energie kürzlich mit

Damit sind wir, neben den geplanten Ausschreibungen, auch beim zweiten mehr als kontroversen Punkt der EEG-Reform 2016 gelandet. Den Ausbaubegrenzungen.

Um die Klimaziele nicht zu schnell zu erreichen, was an sich schon paradox ist, sind nun zwischen 2017 und 2019 jährliche Ausbauziele für Windkraft, Photovoltaik und Biomasse festgesetzt wurden, welche also die Volumina der angesetzten Ausschreibungen vorschreiben.

  • Windenergie an Land
    Hier soll das Ausschreibungsvolumen sowohl 2017, 2018 und 2019, 2.800 MW brutto pro Jahr betragen und 2019 auf 2.900 MW brutto steigen. Doch schon vorher soll dem starken Ausbau der Windenergie gegengesteuert werden – mit einer Einmal-Degression von 5% zum 1. Juni 2017.
  • Offshore Windenergie
    Im Offshore Bereich liegt das Ziel bei einer Steigerung von 6,5 GW (Gigawatt) für das Jahr 2020 und von 15 GW für das Jahr 2030. Um einen kontinuierlichen Ausbau zu gewährleisten, sollen zwischen 2021 und 2030 jährlich 730 MW der Ausschreibungsmenge auf diese Jahre verteilt werden.
  • Photovoltaik / Solarstrom
    Hier beträgt das Ausschreibungsvolumen pro Jahr 600 MW. Neben den herkömmlichen Freiflächen werden zukünftig auch andere große Solaranlagen ab 750 kW einbezogen (z.B. Photovoltaik Anlagen auf Dächern oder Deponien). Das verschärft den Wettbewerb natürlich nochmal zusätzlich, da die ausgeschriebenen Volumina trotzdem auf 500-600 Megawatt pro Jahr begrenzt werden. Zusätzlich stellt dieses Volumen nur noch ein Fünftel des einstigen solaren Ausbaukorridors von 2.400 bis 2.600 Megwatt dar.
  • Biomasse
    Für Biomasseanlagen (Neuanlagen und Bestandsanlagen) werden zwischen 2017 und 2019 150 MW und zwischen 2020 bis 2022 jährlich 200 MW ausgeschrieben.

Geplante Industrierabatte

Dass gerade die größten Stromverbraucher Deutschlands, also die Stahlwerke, Aluhütten und die Industrie insgesamt, von der EEG-Umlage befreit werden sollen, ist ein weiterer berechtiger Kritikpunkt, der aber auch nach den Nachverhandlungen Teil der heute beschlossenen EEG-Reform 2016 blieb. Wir berichteten bereits im Beitrag Neue Industrierabatte bei EEG-Umlage.

Verschont werden demnach alle Betriebe, die 17 Prozent des Bruttoumsatzes für Energie ausgeben müssen. Und das ist noch nicht alles: Sollte einer Firma die riesige Ungerechtigkeit widerfahren, knapp unter den 17 Prozent zu landen, was bisher eine volle Beteiligung an der EEG-Umlage bedeutet hätte, so fällt sie nach dem Willen der EEG-Reform 2016 fortan in eine weitere, neu geschaffene Gruppe, die allerhöchstens 20 Prozent der Umlage zahlen muss. Der Grenzwert für eine Mitgliedschaft in diesem exklusiven Club liegt bei einem Umsatzanteil der Energiekosten von mind. 14 Prozent.

Auch der Bundesrat wird heute abstimmen. Seine Zustimmung gilt bereits als sicher.

Die letzten Nachbesserungen und Korrekturen

Selbst, wenn das Gesetz nun sehr schnell verabschiedet wird, so musste auch die Große Koalition um einige Themen ringen und streiten. Es gab in letzter Minute noch einige Änderungen, minimal auch Zugunsten der Bürgerenergie und Verbraucher, so sagt es zumindest die SPD. Doch die meisten Änderungswünsche des Bundesrats wurden abgeschmettert. Die SPD schreibt sich nun aber auf die Fahne, doch noch Nachbesserungen durchgesetzt zu haben, die aber zum Teil eher von Bayern erkämpft wurden und auch nicht zwangsläufig dem Stromkunden dienen.

„Gegenüber der Kabinettsentscheidung konnten dank einer starken Verhandlungsführung von Seiten der SPD-Fraktion förderliche Veränderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetzesentwurf 2016 herbeigeführt werden“, sagte SPD-Abgeordnete Nina Scheer

Eckpunkte der Nachbesserungen:

  • Photovoltaik-Anlagen unter 750 Kilowatt Leistung werden nicht ausgeschrieben – möglich wäre aber sogar eine Untergrenze von 1 Megawatt – zumindest nach EU-Recht. Warum wir in Deutschland darunter liegen, ist eine berechtigte Frage
  • Ergänzende Teilabemöglichkeiten für Kommunen
  • Zuschläge für Bürgerenergieprojekte orientieren sich am höchsten Gebot
  • Strommengen aus Erneuerbaren, die abregelt werden sollten, werden zu zuschaltbaren Lasten für den Wärmesektor, oder in Speichern aufbewahrt
  • Verbesserungen für Mieterstrommodelle – auch kleine Anlagen müssen nur die verringerte EEG-Umlage (20 %) bezahlen, sofern sie den produzierten Solarstrom den umliegenden Mietern zur Verfügung stellen

Biomasse

Biomasse war lange ein Streitthema zwischen SPD und speziell der CSU, denn Sigmar Gabriel wollte den geförderten Bruttoausbau entsprechender Biomasse-Anlagen bei 100 Megawatt pro Jahr belassen, während die Förderung für Bestandsanlagen ab 2020 schrittweise ausläuft.

Doch vorallem Horst Seehofer und Bayern haben inzwischen dafür gesorgt, dass die Fördermenge für neue Anlagen 150 Megawatt betragen soll. In den folgenden drei Jahren soll diese Menge dann nochmal steigen, statt auszulaufen und zwar auf 200 Megawatt.

Auch die bayerische Sorge, dass vor allem die Industrieregionen im Süden künftig mehr für Strom zahlen müssen, da die im Norden produzierte Windenergie, nicht günstig und rechtzeitig in Bayern und Baden-Württemberg ankommt, wurde in der Novelle mit aufgenommen. Auch, dass das letzte Kernkraftwerk 2022 abgeschaltet werden soll, macht Bayern offensichtlich Angst. Im Norden könnte es wegen des Überangebots an Windstrom dann nämlich sogar sein, dass die Strompreise sinken, während sie in Bayern steigen. Pure Ungerechtigkeit natürlich.  Gabriel sicherte seinem bayerischen Kollegen zu, dass diese Befürchtungen durch eine festgeschriebene und stärkere Verzahnung von Netzausbau und dem Ausbau der regenerativen Energiequellen, ausgeräumt werden sollen.

Windkraft Ausbau massiv ausgebremst

Vor allem der Ausbau der Windkraft wird durch die EEG-Reform massiv gebremst, wie wir bereits im Artikel EEG-Reform – Aus für Windkraft? berichteten.

Bildnachweise:

Titelbild “Berlin, Reichstag” – fotolia #113869102 / TTstudio

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