Sonderkündigungsrecht von Gericht bestätigt

Kündigung bei Preiserhöhungen auf Grund von Abgaben und Steuern rechtsgültig

Eine Stromrechnung - Sinnbild Sonderkuendigung
 
 

Seit einiger Zeit ist es bei den deutschen Stromkunden ja schon bekannt – das Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen. Streitthema war dabei stets, ob es auch greift, wenn die Strompreise auf Grund von neuen Steuern, Abgaben oder Erhöhungen der EEG-Umlage erhöht wurden. Ja! – sagt nun das Düsseldorfer Oberlandesgericht. Ein Sieg für die Stromkunden?

Das Sondrkündigungsrecht war auch schon vor dem neuesten Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 05. Juli eine große Bereicherung für den Verbraucherschutz. So waren zumindest schon Mal Vertragslaufzeiten und versteckte AGB keinen Grund, das Stromanbieter die Kündigung ablehnen konnten. Überhaupt wurde jede Änderung an einem bestehenden Stromtarif-Vertrag, die dem Kunden nicht im Voraus und offensichtlich, so wie klarverständlich mitgeteilt wurde, mit dem Sonderkündigungsrecht zum Kündigungsgrund.

Rechtzeitig mitteilen bedeutet laut Urteil übrigens, dass der Anbieter seinen Kunden sechs Wochen im Voraus über eine Preiserhöhung informieren muss. Und zwar in einer eindeutigen Mitteilung und nicht versteckt zwischen Werbeschreiben und anderen Informationen. Eigentlich schon ein sehr starkes Urteil für Verbraucher, welches bereits im Oktober 2015 gefällt und nun, auf Grund zahlreicher Rechtstreits, lediglich bestätigt wurde.

Denn wie immer gab es trotzdem noch eine kleine Gesetzteslücke, die für viel Streit und Unverständnis sorgte. Natürlich wollen Stromanbieter trotzdem die Preise erhöhen, auch wenn die Kunden deswegen innerhalb von 14 Tagen den Stromanbieter kündigen dürfen.

Deshalb schoben die Anbieter ihre Preiserhöhungen bisher stets auf die EEG-Umlage, oder gestiegene Abgaben und Steuern. Denn diese Gründe waren bisher vom Sonderkündigungsrecht ausgeklammert. Oder zumindest nicht konkret als irrelevant für das Sonderkündigungsrecht bezeichnet worden. Wie gesagt, bisher. Insofern ist die Bestätigung des Urteils schon ein großer Gewinn für die Stromkunden.

Sonderkündigung Strom trotz EEG-Umlage & Abgaben zulässig

Zahlreiche Stromanbieter verweisen regelmäßig auf die EEG-Umlage, die im Rahmen der Preiserhöhung nur an die Endverbraucher weitergegeben worden wäre und deshalb nicht im eigentlichen Sinne der Strompreis erhöht wurde. Deshalb wäre die Sonderkündigung des Stromvertrags, auf Grund einer Preiserhöhung, aus Perspektive der Versorger natürlich auch ungültig. Und das wurde auch weiter so praktiziert, obwohl bereits vergangenes Jahr erstmals geurteilt wurde, dass es unerheblich ist, weshalb der Preis erhöht wurde. Dieses Urteil hat das Oberlandesgericht Düsseldorf nun endlich bestätigt. Somit ist es rechtskräftig.

Das macht auch die Verbraucherzentrale NRW deutlich, die einen Stromanbieter verklagt hatte, der in seinem Vertrag konkret Preiserhöhungen auf Grund von Umlagen und Abgaben vom Sonderkündigungsrecht ausklammerte. Die Verbraucherzentrale NRW sagt weiterhin, das Gesetz habe eine grundsätzliche Bedeutung und Wirksamkeit. Da stimmen wir zu, denn die hoheitlichen Belastungen wie Steuern, Abgaben und Umlagen bilden inzwischen mehr als die Hälfte des Strompreises. Diese Elemente also vom Sonderkündigungsrecht auszuklammern, würde die Bedeutung des Gesetztes deutlich reduzieren. Doch dieses Mal kam alles anders.

Grund dafür dürfte auch sein, dass sich die Stromanbieter, die in Ihren Verträgen das Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen im Falle von hoheitlichen Belastungen ausschließen, in letzter Zeit offensichtlich massiv vermehrt haben. Nun müssen diese Passagen in den Verträgen endlich gestrichen werden. Sicherlich wird es auch weiterhin Stromanbieter geben, die sich mit allen Mitteln gegen diese Form der Kündiung wehren werden.

Widerspruch des Anbieters zwecklos – Gesetzteslücke geschlossen

Bisher hatten wir von stromsparer.de in Fällen einer Strompreiserhöhung mit fadenscheiniger Begründung a la EEG-Umlage immer empfohlen, die Sonderkündigung mit Hilfe unserer Kündigungsvorlagen erst Mal auszusprechen.

PDF-Download: Muster Sonderkündigung bei Preiserhöhung

Im Anschluss warten Sie am besten auf die Reaktion Ihres Anbieters. Falls, nebst der EEG-Umlage, nämlich nur ein einziger weiterer Preisbestandteil erhöht wurde, griff das Sonderkündigungsrecht auch vor der neuen Urteilsbestätigung bereits sofort. Mit einer Ablehnung macht Ihr Anbieter sich in diesem Falle strafbar.

Wenn bis vor Kurzem wirklich nur die staatlichen Faktoren, wie Steuern und Abgaben, erhöht wurden, rieten wir bisher trotzdem immer zum sofortigen Widerspruch gegen die Strompreiserhöhungen.

Musterbrief für einen Widerspruch gegen die Strompreiserhöhung wegen staatlicher Abgaben (Verbraucherzentrale)

Musterbrief für Widerspruch gegen Strompreiserhöhung (Verbraucherzentrale)

Doch dank des Urteils aus Düsseldorf ist es nun vollkommen egal, ob nur die staatlichen Abgaben als Begründung herangezogen wurden, denn auch das reicht jetzt vollkommen für eine Sonderkündigung aus.

Stromkunden, deren Anbieter die Preise erhöht haben, ohne auf das Sonderkündigungsrecht hinzuweisen, können Widerspruch gegen ihre Stromrechnung einlegen. Hier gilt eine Dreijahresfrist. Für eine Jahresrechnung vom 1. August 2013 würde also das Widerspruchsrecht bis zum 1. August 2016 gelten.

Strompreiserhöhungen zwischen 2013 und 2014

Besonders in den Jahren 2013 und 2014 gab es zahlreiche massive Preiserhöhungen, welche von den Anbietern allesamt auf die EEG-Umlage und staatliche Abgaben zurückgeführt wurden. Sollte Ihr Stromanbieter in diesem Zeitraum die Preise ebenso erhöht haben, ohne:

  • Sie sechs Wochen im Voraus zu informieren
  • Sie auf Ihr Sonderkündigungsrecht hinzuweisen
  • die Preiserhöhung in einer offiziellen Mitteilung (und nicht in einer versteckten) angekündigt zu haben

sollten Sie unbedingt bis zum 01. August 2016 Widerspruch einlegen. Denn hier gilt die Dreijahresfrist. Das Urteil zum Sonderkündigungsrecht erhöht die Chancen auf Rückerstattungen deutlich. Aber Sie müssen sich beeilen.

Stromanbieter verweigert die Erstattung – was jetzt?

Wenden Sie sich zuerst an die kostenlose Telefonberatung der Verbraucherzentrale unter 0 800/809 802 400.

Beschwerden
Verbraucher können sich bei Problemen mit ihrem Stromanbieter an die Schlichtungsstelle Energie wenden. Ihr Anbieter hat gesetzlich maximal 4 Wochen Zeit, auf Ihre Beschwerde zu antworten. Danach kann die Schlichtungsstelle für Sie kostenfrei, doch gleichzeitig auch unverbindlich, tätig werden.

Die Schlichtungsstelle Energie vermittelt bei Streitigkeiten zwischen privaten Verbrauchern und Energieversorgern. Sie ist neutral, unabhängig und für private Stromkunden kostenfrei.

Auf Grund des neuen Urteils würden wir aber nun sofort dazu raten, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, da die Erfolgsaussichten sehr gut sind.

Weitere Urteile zu Energiepreisen

Europäischer Gerichts­hof, Aktenzeichen: C-92/1 Urteil vom 21.03.2013
Bundes­gerichts­hof, Aktenzeichen: VIII ZR 162/09 Urteil vom 31.07.2013

Kommentar hinterlassen