EEG Reform statt Windenergie

Windkraft an Land besonders betroffen - EEG Novelle 2016 fast beschlossen

Die Akte "EEG-Umlage" wurde bis tief in die Nacht verhandeltFotoquelle: Die Akte "EEG-Umlage" wurde bis tief in die Nacht verhandelt
 
 

Bis in die Nacht dauerten die Verhandlungen der großen Koalition an, um die letzten Streitthemen und Unstimmigkeiten der EEG-Reform 2016 zu debattieren und zu lösen. Jetzt steht das Ergebnis und die EEG-Novelle soll am Freitag durch die Koalition beschlossen werden, um dann Anfang 2017 schlussendlich in Kraft zu treten. Und es bleibt dabei: Die Förderung wird künftig via Ausschreibungen vergeben. Ausbauziele bzw. Ausbaubegrenzung für Solarenergie und Windkraft an Land werden zur Stellschraube, um die regenerativen Energiequellen zu deckeln. Ist das Pariser Abkommen in Vergessenheit geraten?

Die gemeinsame Linie des Entwurfs bleibt unverändert, was vor allem das Wirtschaftsministerium unter Sigmar Gabriel freuen dürfte. Die wesentlichen Eckpunkte:

  • Klar geregelte Ausbaugrenzen von Windenergie, Solarstrom und Biomasse
  • jährliche Ausbauziele
  • Ausschreibungsmodell statt Einspeisevergütung
  • Industrie soll vor Ökostromumlage verschont bleiben
  • Ausbau der Windenergie an Land wird massiv ausgebremst

“Das ist ein Paradigmenwechsel. Derjenige, der am wenigsten verlangt, der bekommt den Zuschlag”, sagte auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Wenn die Reform in Kraft gesetzt wird, wird das System der Förderung von staatlich festgelegten Preisen (Einspeisevergütung) auf Ausschreibungen umgestellt. Wir berichteten kürzlich im Artikel EEG-Regorm 2016 darüber. Auch die Geschichte der EEG-Umlage dürfte Sie in diesem Zusammenhang interessieren. Künftig soll also nur noch bezahlt werden, was erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen hat. Deren Volumen, so der Wortlaut im Gesetzesentwurf, werde so bemessen, “…dass der Ausbaukorridor (40 bis 45 Prozent Erneuerbaren-Anteil im Jahr 2025) eingehalten wird.”. Das bremst also vor allem kleine, alternative Anbieter und die Bürgerenergie aus.

Schon die Ausbaubegrenzungen sorgten vor Kurzem für große Entrüstung. Auf mindestens 60 Prozent muss der Anteil grünen Stroms bis 2025 steigen, um die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, teilte der Bundesverband Erneuerbare Energie kürzlich mit.

Die Studie finden Sie in der Zusammenfassung hier:

Infografiken zur Energiewende nach COP21

Quelle: www.bee-ev.de

Die Schlussfolgerungen der Nitsch-Studie:

  • Deutschland kann seine Treibhausgasemissionen bis 2020 nur um 32% gegenüber 1990 mindern und wird damit sein Reduktionsziel von 40% deutlich verfehlen
  • Deutschland wird bis 2050 nur eine Treibhausgasminderung von 58% statt der erforderlichen 95% erreichen
  • Für die Umsetzung des Pariser Abkommens benötigen wir bis 2025 einen Anteil von 60 % der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch (brutto)

Dann wäre da noch das Problem mit den Ausschreibungen, die den genügsamsten Wettbewerber belohnen sollen. Wer aber am wenigsten Förderung verlangt, und somit große Chancen auf eben diese Förderung aus den geplanten Ausschreibungen hat, ist häufig auch derjenige, mit dem meisten Eigenkapital. Und das sind die altbekannten Energieriesen, von denen sich Bürgerenergie und alternative, kleinere Anbieter, mühsam ein Stück Markt erkämpft haben. Denn ein Element der Energiewende ist auf jeden Fall die zunehmende, regionale Selbstversorgung der Bürger, so wie kleinere und lokale regenerative Energiequellen. Außerdem war das Paradigma, möglichst niedrige Kosten zu produzieren, noch nie vereinbar mit Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit.

Jura-Professors Martin Schulte von der Technischen Universität Dresden behauptet in einem Gutachten sogar, dass die Pläne nicht nur die klimapolitische Glaubwürdigkeit der Bundesregierung und des Pariser Abkommens untergraben, sondern sogar verfassungswidrig sind. Im Auftrag des Wirtschaftsverbands Windkraftwerke hat Schulte den folgende Referentenentwürfe durchgearbeitet:

Eckpunktepapier “Ausschreibungen für die Förderung von Erneuerbare-Energien-Anlagen” (PDF: 347 KB)

Präsentation zur EEG-Reform 2016 (PDF: 255 KB)

Neue Eckpunkte zur EEG-Novelle 2016

Quelle: www.bmwi.de

Einer Prüfung der Verfassungsgerichts Karlsruhe würden, seiner Meinung nach, zahlreiche Eckpunkte kaum standhalten. Zum Beispiel soll die Vergütungen für Windenergie Anfang 2017 bereits um weitere 5 bis 7,5 Prozent sinken, also schon bevor das neue Ausschreibungssystem und die Ausbaubegrenzung kommt. Hinzu kommt außerdem, dass diese Absenkung, zusätzlich zur routinemäßigen Anpassung der Einspeisevergütung, die alle drei Monate vorgenommen wird, erfolgen soll.

Windenergie Ausbau wegen Kosteneffizienz ausgebremst

Weiterhin sind geplante Genehmigungs- und Bauverfahren aufwendig und langwierig, sodass kleinere Anbieter schon am organisatorischen Aufwand scheitern, nebst dem finanzielle Aufwand natürlich.

Im Klartext: Für Windturbinen, die 2017 oder 2018 fertiggestellt werden sollen, gibt es ja bereits Verträge mit Herstellern und Verpächtern, so wie erforderliche Genehmigungen. Als Grundlage für die Kalkulation der Wirtschaftlichkeit, fungierte die Annahme steigender Vergütungen. Für wen sich das Projekt auf Grund der Novelle plötzlich nicht mehr rechnet, dem bleibt nach der Reform nur, eine mindestens sechsstellige Summe abzuschreiben, oder eben ein unwirtschaftliches Geschäft bis zum Ende zu führen und abzuschließen. Das ist sowohl ein “Bruch des Vertrauensschutzes” und ein “Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip”, so Schultes Wortlaut.

Bis 2025 soll der Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Stromproduktion auf 45 Prozent steigen, was übrigens immer noch weit unter dem Anteil bleibt, den die Nitsch-Studie für ein Erfolg des Pariser Abkommens festsetzt. Dafür sind nun jährliche Ausbauziele für Windenergie und die entsprechenden Windkraftanlagen, Photovoltaik und Biomasse festgeschrieben worden. An Land wird die Windkraft jedoch eher gebremst und auf einen jährlichen Zubau von 2.800 Megawatt begrenzt. Alles für die Kosteneffizienz, so der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Hubertus Heil.

Bei der Windenergie an Land wird der Entwurf auch aus anderen Gründen zum Teil sogar schon widersprüchlich. Wir möchten an dieser Stelle gerne wortwörtlich aus dem Entwurfstext zitieren, der das Ausschreibungsvolumen – “zwischen [xxx MW (brutto)] und 2.500 MW (netto) pro Jahr” festsetzt und sich “konkret nach dem tatsächlichen Zubau der anderen Technologien und dem Rückbau bestehender Windenergieanlagen” richtet.

Auch hier hat sich also trotz nächtlichen Verhandlungen nichts geändert: Bei Windkraft an Land wird nicht nur das Repowering angerechnet, sondern der Ausbau bzw. das Ausschreibungsvolumen soll doch tatsächlich vom Ausbau der anderen Ökoenergien abhängen.

Quelle: Eckpapier Ausschreibungsvolumen für Wind an Land
Quelle: Eckpapier Ausschreibungsvolumen für Wind an Land

In vier Kalkulations-Schritten kommt die Behörde am Ende zu einer formelbasierten Ermittlung der Ausschreibungsvolumina der Windenergie an Land, welche letztendlich einer Ausbaubegrenzung gleichkommen.

Bei der Anwendung könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich “eine sehr geringe Ausschreibungsmenge bei Wind an Land ergibt”, schreiben die Minister selbst. Deshalb wird nun vorgeschlagen, für die Windkraft soll eine Mindestausschreibungsmenge definiert werden. Die genaue Höhe? Muss noch diskutiert werden…

Fazit: Zuerst werden Probleme selbst durch die EEG-Reform 2016 geschaffen, die man dann schlauerweise mit Mindestmengen beheben möchte, die vor der Reform gar nicht erforderlich waren. Was soll man dazu noch sagen?

Ausbaubegrenzungen für Erneuerbare im Überblick

  • Windenergie an Land
    Hier soll das Ausschreibungsvolumen sowohl 2017, 2018 und 2019, 2.800 MW brutto pro Jahr betragen und 2019 auf 2.900 MW brutto steigen. Doch schon vorher soll dem starken Ausbau der Windenergie gegengesteuert werden – mit einer Einmal-Degression von 5% zum 1. Juni 2017.
  • Offshore Windenergie
    Im Offshore Bereich liegt das Ziel bei einer Steigerung von 6,5 GW (Gigawatt) für das Jahr 2020 und von 15 GW für das Jahr 2030. Um einen kontinuierlichen Ausbau zu gewährleisten, sollen zwischen 2021 und 2030 jährlich 730 MW der Ausschreibungsmenge auf diese Jahre verteilt werden.
  • Photovoltaik / Solarstrom
    Hier beträgt das Ausschreibungsvolumen pro Jahr 600 MW. Neben den herkömmlichen Freiflächen werden zukünftig auch andere große Solaranlagen ab 750 kW einbezogen (z.B. Photovoltaik Anlagen auf Dächern oder Deponien). Das verschärft den Wettbewerb natürlich nochmal zusätzlich, da die ausgeschriebenen Volumina trotzdem auf 500-600 Megawatt pro Jahr begrenzt werden. Zusätzlich stellt dieses Volumen nur noch ein Fünftel des einstigen solaren Ausbaukorridors von 2.400 bis 2.600 Megwatt dar.
  • Biomasse
    Für Biomasseanlagen (Neuanlagen und Bestandsanlagen) werden zwischen 2017 und 2019 150 MW und zwischen 2020 bis 2022 jährlich 200 MW ausgeschrieben.

Kommentar hinterlassen