Vattenfall verkauft Braunkohle-Sparte

Tagebau Lausitz geht an tschechischen Energiekonzern EPH

So sieht man bei Vattenfall die Energiewende...Fotoquelle: So sieht man bei Vattenfall die Energiewende...
 
 

Jetzt ist es offiziell: Der Energiekonzern Vattenfall aus Schweden tritt seine Braunkohle-Sparte ab. Abgesegnet von der schwedischen Regierung, genauer von Wirtschaftsminister Mikael Damberg. Es geht um das Komplettpaket aus Kohlekraftwerken und Bergwerken in Brandenburg und Sachsen, in welchen aktuell insgesamt rund 8.000 Menschen beschäftigt sind. Diese sollen zumindest bis 2020 auch nicht entlassen werden. Zwar eine gute Nachricht für die Kumpel, fand auch der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD. Aber eine voranschreitende Energiewende sieht irgendwie anders aus. 

Wie sooft, ist auch dieser Verkauf ein Drahtseilakt. Der Vattenfall-Konzern hatte 2014 entschieden, sich von der Braunkohle und allen dazugehörigen Infrastrukturen zu trennen. Die schwedische rot-grüne Regierung hatte zuvor das Ziel vorgegeben, mehr erneuerbare Energien anzubieten, natürlich auch mit Blick auf die Vereinbarungen der Weltklimakonferenz in Paris. Politiker, wie der brandenburgische Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), aber auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich von der CDU, klatschen gleichermaßen Beifall, während Brandenburgs Ministerpräsident Woidke den Verkauf als “gute Nachricht aus Stockholm” bezeichnet. Kein Wunder, denn die 8.000 Beschäftigten werden nun von der großen Unsicherheit bezüglich des Erhalts ihrer Arbeitsplätze erlöst, ebenso wie deren Angehörige und Mitarbeiter von Zulieferbetrieben. Diese beziffert Vattenfall immerhin auf 16.000 Personen.

Doch im selben Moment fordert Greenpeace die Bundesregierung dazu auf, diesen und ähnliche geplante Verkäufe zu stoppen und vor allem die Braunkohle-Sparte in eine staatliche Stiftung umzuwandeln, damit die Kohle endlich im Boden bleibt. Denn so will es das Pariser Klimaabkommen, welches bei anhaltendem Tagebau definitiv nicht eingehalten werden kann. Ein Verkauf ist zumindest kein Anzeichen dafür, dass die Energieversorger zukünftig nicht mehr auf Braunkohle setzen wollen, zumindest nicht jene, wie das tschechische Energieunternehmen EPH, welches Vattenfall den Tagebau, die Kohlekraftwerke und den Bergbau abkaufen wird.

“Bis allerspätestens 2030 muss Deutschland aus der Kohle aussteigen. Beides wird sich mit EPH als Investor nicht umsetzen lassen”, Greenpeace-Sprecher Karsten Smid

Doch selbst wenn Deutschland es schafft, aus der Braunkohle auszusteigen, so müssen es die anderen EU-Länder den Deutschen gleichtun, um die Pariser Ziele zu erreichen. Ein Verkauf an direkte Nachbarländer ist da natürlich nicht zielführend. (Auch interessant: EEG-Reform 2016)

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Tweet von Johan Rockström (Stockholm Resilience Centre)

Zahlreiche namhafte Klimawissenschaftler hatten erst kürzlich gefordert, den Verkauf zu stoppen und das Vattenfall sich zurückziehen solle (lesen Sie den ganzen Bericht hier). Institutsdirektoren Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre und Will Steffen vom Klimaschutz-Institut der Australian National University sind sich definitiv einig: “Es ist ein schlechter Tag für die Menschheit”, ließ Rockström am Samstag auf twitter verlauten. “Wenn Schweden und Deutschland nicht aus der Kohle aussteigen können …, welche reelle Chance hat Paris?” 

Lediglich für Vattenfalls eigene Energiebilanz dürfte der Verkauf durchaus förderlich sein. Im vergangenen Jahr produzierte das schwedische Energieunternehmen 84 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Doch bis 2020 soll die CO2-Bilanz bereits auf 21 Millionen Tonnen dramatisch sinken. Der Verkauf des Braunkohlegeschäfts senkt den Ausstoß bereits auf weniger als 25 Millionen Tonnen jährlich. Zumindest für Vattenfall, denn gefördert und produziert wird ja weiterhin – nur eben von EPH.

Zahlen und Fakten des Verkaufs

Insgesamt übernimmt EPH drei Kohlekraftwerke in Brandenburg (Jänschwalde & Schwarze Pumpe) und zwei in Sachsen (Boxberg und Block R in Lippendorf), so wie die entsprechenden Tagebaubetriebe in der Lausitz. Bis zum 31.08.2016 soll der Verkauf abgewickelt sein, so Vattenfall. Der Verkauf wird übrigens nicht nur mit EPH, sondern auch mit dem Finanzpartner PPF Investments abgewickelt.

Zahlen & Fakten:

  • Arbeitsplatzgarantie für 8.000 Beschäftigte bis mind. 2020
  • Vattenfall Tarifvertrag wird beibehalten
  • Vermögenswerte: 1,6 Milliarden Euro
  • Schulden und Rückstellungen zur Regenerierung von Tagebaugebieten: 1,9 Milliarden Euro

In Hinsicht auf das Versprechen der Weiterbeschäftigung über ungefähr fünf Jahre, entgegnete Annalena Baerbock,die Sprecherin für Klimapolitik von Bündnis 90 / Die Grünen, dass ein solches Versprechen den Kumpel kaum helfe. Besser wären berufliche Umstiegsmodelle, ähnlich dem, das beim Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau seit einiger Zeit greift. Recht hat Sie auf jeden Fall damit, dass keine einzige Tonne CO2 eingespart wird, wenn Kohlekraftwerke und der dazugehörige Berg- und Tagebau einfach nur den Besitzer wechseln. Ein schrittweiser Rückbau des Kohlegeschäfts wäre der richtige Ansatz gewesen, findet die Politikerin.

Bildnachweise:

Titelbild “Tagebau Lausitz” – fotolia / stefanbi1974

 

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