Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom Juni 2016 entschieden und festgesetzt, wie lang genau die Verjährungsfrist für Mängelansprüche und Gewährleistung bei Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen / Solaranlagen) sein soll. Die Entscheidung betrifft zahlreiche private Solaranlagen Besitzer und solche, die es gerade werden, oder werden wollen. Fest steht: Das Gericht betrachtet PV-Anlagen jetzt doch als Bauwerk, womit das Urteil aus 2013 gekippt wurde, welches die Verjährungsfrist auf 2 Jahre festsetze. Können Sie bei Mängeln an Ihrer PV-Anlage nun mit der erweiterten Verjährungsfrist von 5 Jahren rechnen?
Urteil zu Mängelansprüchen bei PV-Anlagen aus 2013
Sie sind hochempfindlich und mit großen bautechnischen Aufwand verbunden: Photovoltaikanlagen auf den Dächern unserer Wohnhäuser und Nutzgebäude. Schäden und Mängel sind keine Seltenheit und die Gewährleistung in solchen Fällen, wird in Deutschland durch die Verjährungsfristen von Mängelansprüchen geregelt. Aber wie lang sind diese Fristen eigentlich? Wann verjährt mein Recht auf Gewährleistung bei Solaranlagen?
Allgemeingültige Verjährungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) setzen einen Zeitraum von 3 Jahren fest, indem man Mängel geltend machen kann. Aber es gab einen großen Streitpunkt: Sind PV-Anlagen Bauwerke, oder nicht?
Denn Bauwerke oder Dinge, wie zum Beispiel Materialien (Beton, Steine usw.), die für den Erbau eines Gebäudes verwendet wurden, haben eine Verjährungsfrist von 5 Jahren. Entscheidend ist somit also die Frage, ob eine PV-Anlage als Bauwerk, oder zumindest als für ein Bauwerk eingesetzte Sache gilt. Denn in diesem Fall stehen die Chancen gut, dass auch Mängelansprüche bei PV-Anlagen erst nach 5 Jahren verjähren, ähnlich der Verjährungsfristen für Baumaterialien.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 09.10.2013 (BGH, 09.10.2013 VIII ZR 318/12) jagte den Besitzern von PV-Anlagen wohl einen ziemlichen Schrecken ein. Damals ging es um Mängelansprüche für ein Solardach, also die Solarzellen auf dem Dach einer Scheune, die nicht als Bauwerk betrachtet wurden, da eine Verbindung zum Erdboden fehlte. Außerdem diene die Solaranlage nicht als Dach, sondern zur Stromerzeugung, weshalb sie auch nicht als Teil der als Bauwerk geltenden Scheune zu betrachten sei. Die zweijährige Verjährungsfrist war die Folge dieses Urteils.
Doch genau dieses Urteil wurde am 02.06.2016 gekippt, so berichtete es die Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft.
Verjährungsfrist von Gewährleistungsansprüchen auf 5 Jahre erhöht
Nachdem 2013 der achte Zivilsenat des BGH urteilte, hat sich nun der siebte Zivilsenat erneut der Sache angenommen. Konkret ging es um die Gewährleistung für Mängelansprüche an einer PV-Anlage, auf dem Dach einer Tennishalle. Im Prinzip die selbe Ausgangssituation, wie 2013. Auch diese Solaranlage wurde nachträglich errichtet, ist also nicht direkt für die Errichtung des Gebäudes eingesetzt worden. Und ebenso wie das Streitobjekt aus dem Jahre 2013, wird auch diese Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung genutzt und nicht, um das Dach abzudecken oder die Tennisspieler vor Regen zu schützen. Auch in diesem Sinne wäre es also kein Bauwerk und somit eben NICHT mit Verjährungsfristen von 5 Jahren abgesichert, sondern lediglich mit zwei Jahren.
Nichtsdestotrotz kam der Senat zu dem Ergebnis, dass die Verjährungsfrist von 5 Jahren (nach § 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB) bei diesen Mängeln Anwendung finden sollte. Der Senat verwies auf die ständige Rechtsprechung des BGH. Demnach gilt eine Installation als Bauwerk, „ wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden.“
Urteil 2016: Zumindest diese Solaranlage ist ein Bauwerk
Im Klartext bedeutet das, dass die verhandelte Solaranlage zur permanenten Nutzung eingebaut wurde. Deshalb ist sie so fest mit dem Dach und der Tennishalle verbunden worden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit großem bautechnischem Aufwand möglich sei und nicht etwa mit einfachen Mitteln. Insofern ist die PV-Anlage an sich ein Bauwerk, urteilte der Bundesgerichtshof. Und somit gelten auch die entsprechenden Verjährungsfristen für Mängelansprüche an Bauwerken und Materialien, die eben erst nach 5 Jahren, anstatt wie bisher, nach 2 Jahren nicht mehr durch eine Gewährleistung gedeckt sind.
Auch interessant: Faktoren einer effektiven Solaranlage
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass der Einbau einer PV-Anlage bzw. die Installation auf dem Dach, einem erheblichen Eingriff in das Dach und die Gebäudeaußenhaut darstellen, was genauso wie eine Neuerrichtung zu bewerten sei. Und es kommt eben nicht, wie noch im Urteil von 2013 darauf an, ob die Solaranlage zur Stromversorgung genutzt wird, oder nicht. Und ganz ehrlich: Wozu soll man sie denn auch sonst benutzen?
Ist dieses Urteil jetzt allgemeingültig?
Beide Urteile sind im Vergleich nun stark unterschiedlich, trotz ähnlicher Ausgangssituation. Der BGH erklärte dazu, dass bei der PV-Anlage auf der Scheune, die Verbindung zum Gebäude nicht gut genug wäre, um die Bauwerkseigenschaften geltend zu machen. Außerdem fehlte eine grundlegende Erneuerung der Scheune. Deshalb wurde der Solaranlage in dem Fall aus 2013 die erweitere Verjährungsfrist von Mängelansprüchen abgesprochen.
Es ist also klar: Dies ist kein allgemeingültiges Urteil, oder gar ein Präzedenzfall. Ob die Verjährungsfrist der Gewährleistungen bei Mängeln an PV-Anlagen nun 2 oder 5 Jahre betragen, ist eine reine Einzelfallentscheidung. Trotzdem macht das Urteil Hoffnung, zumindest für gut installierte und gut mit dem Gebäude verbundene Solaranlagen…was auch immer das heißen mag.
Bildnachweise:
Titelbild “Neubaugebiet mit Solardächern” – fotolia #87343205 / Kara